Verfasser: M.A. Héctor Joel Anaya
Kulturanthropologe und Kommunikator
Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universidad Iberoamericana in Méxiko-Stadt.
Übersetzung: D. Kreher

Dieser Artikel gibt einen kurzen historischen Überblick über die Ansätze zur Drogenpolitik in Mexiko während der Amtszeiten der letzten Präsidenten. Am Ende folgt eine Auswertung des aktuellen Sachstanstandes unter der aktuellen Regierung.

In den letzten zwanzig Jahren hat sich Mexiko von einem Land mit einem Einparteien- und Präsidialregime zu einem Land mit politischem Pluralismus entwickelt was zu einer Neuordnung der Machtverhältnisse führte. Transformationen im Bereich der Drogenpolitik ergaben sich aus einer starken Orientierung an den bilateralen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten.

Politische Regime und Drogenpolitik in Mexiko

Mit dem Wahlsieg im Juli 2018 ist die politische Partei MORENA (Movimiento de Regeneración Nacional) durch heterogene und pluralistische Allianzen zur neuen Struktur einer dominanten Partei geworden, eine präsidiale autokratische Figur die die wichtigste Grundlage der bisherigen Ideologie und des politischen Funktionierens darstellt. Dieser Wahlerfolg führte zu politischer Neuordnung und zum Abbau bestimmter Verwaltungsbereiche, so dass eine frühe Einschätzung riskant ist, aber es sind bereits Trends zu sehen: einige mit neuem Charakter und andere geerbt als Teil der Wahlversprechen.

Je nach Literatur kategorisiert man die Regierungsformen des zwanzigsten Jahrhunderts in liberale oder autoritäre Regime, Präsidentschafts-, Parlaments-, aristokratische, totalitäre oder republikanische Regierungsformen, um nur einige zu nennen. Staatliche Konfigurationen und Transformationen werden nach der Regierungsform eines Landes identifiziert; für den Fall Mexikos geht man von einer monoparteiischen Regierung mit einem gewählten Präsidenten aus (Woldenberg, 2014), und aus der Konfiguration des revolutionären Staates wurde die Beziehung Mexiko – USA von einseitigen Maßnahmen des nordamerikanischen Landes durchzogen. So waren beispielsweise während des frühen Marihuanaverbotes in den USA die “Mexikaner” Teil der negativen Propaganda um ihre Verdrängung aus dem freien Markt zu erreichen. Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre während der Nixon-Ära und der frühen Phase des “Krieges gegen Drogen”, wurden einseitige Maßnahmen verstärkt, dann kam die “Zeit der Zertifizierung” (80er-90er) und die Kooperation der „Merida- Initiative” (2007 unter George W. Bush ins Leben gerufen), wo diese Art des Austauschs innerhalb des damaligen politischen Umfelds und den Regierungen Mexikos und der USA gar nicht richtig verstanden werden konnte.

Um die gegenwärtige Drogenpolitik als mexikanisches Kontrollsystem zu bezeichnen, muss man auf postrevolutionäre autoritären Präsidentschaftsregime während einer Dauer von fast fünfzig Jahren zurückschauen. Es folgte eine Zeit verschwommener staatlicher Institutionen im Rahmen der neoliberalen Politik und einer wirtschaftlichen Reorganisation bis hin zur Flexibilisierung des Präsidentenregime, wo der demokratische Übergang die politischen Beziehungen und einige strukturelle Bedingungsfaktoren in Bezug auf die Mächte im Land neu definierte. Dies ordnete das Gleichgewicht zwischen der Legislative und Judikative gegenüber der Exekutive oder das krimineller Gruppen gegenüber lokaler und föderaler Autoritäten neu.

Drogenkrieg in Mexiko: Von der Stille bis zum Knall

Im Rahmen des internationalen Kooperationsschemas der globalen Zusammenschlüsse und internationale Zusammenarbeit musste der mexikanische Staat die Drogenkontrolle mit einem starken nordamerikanischen Einfluss handhaben: beginnend beim Leiter der Exekutive und mindestens seit den 40er Jahren mit Agenturen wie dem Büro des Generalstaatsanwalts der Republik, der Sicherheitsdirektion, gefolgt von der föderalen Justizpolizei, der Ermittlungsagentur und der Bundespolizei. Seit den ersten Kontrollübungen in den 60er Jahren haben auch Militär und Armee zweifellos eine dominante Rolle gespielt, mit Übungen die “Operation Condor”, die Vernichtung von Plantagen, die Inhaftierung von Drogenschmugglern und die Vernichtung von Drogen (Enciso, 2009).

Die als “narcótica” bekannte Agenda zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten, kann zumindest für die letzten drei Jahrzehnte (Toro, 1995), nicht erklärt werden ohne auf die gegenseitige Abhängigkeit mit den USA hinzuweisen, sowie die Transformation der Rolle Mexikos in den multilateralen Organisationen und den neuen Verantwortungen auf Grund finanzieller Unterstützungen und als Teil der hemisphärischen Sicherheitsagenda des Nachbarlandes.

Seit 1970 hat der Missbrauch von Substanzen wie Cannabis, Schlafmohn und Koka Strauch die Debatte über eine legale Drogenkontrolle verschärft. So wurde beispielsweise seit 1961 (UNODC, 1999) die gegenwärtige Ära des globalen Drogenverbots durch die Einrichtung und künftige Ratifizierung internationaler Abkommen durch mehrere Mitgliedsländer der Vereinten Nationen geprägt, die Mechanismen des Austauschs und diplomatischer Verhandlungen sind. (Enciso, 2010).

In Anbetracht dessen dass die Drogenpolitik in den letzten 40 Jahren ein komplexes Thema im Spannungsfeld zwischen den USA und Mexiko gewesen ist – beginnend mit der “Ära der Zertifizierung” in den 80er Jahren über die Merida-Initiative bis hin zu neuen Maßnahmen der Trump-Administration, die mehr auf Migrationsfragen und eine protektionistische nationale politische Agenda ausgerichtet ist – nutzt der US-Präsident die Schwächen des mexikanischen Staates zur Sicherstellung der Einwanderungskontrollen durch die Guardia Nacional. Mexiko musste verschiedene Herausforderungen, diplomatische und juristische Kompromisse eingehen als Grenzgebiet zum größten Drogenmarkt der Welt.

Daher liegt der Schwerpunkt der Beziehungen zwischen Mexiko und den USA heute auf dem Thema Sicherheit, mit Fokus bis vor wenigen Jahren auf einer “narkotische Agenda”, organisierte Kriminalität und dem illegalen Drogenhandel. Die Zusammenarbeit und Unterstützungen in finanzieller, technischer und logistischer Hinsicht war es, die Mexiko abhängig machte; heute muss es gleichzeitig Richter und Partei sein bei Entscheidungen die von verschiedenen US-Agenturen (FBI und DEA) oder dem US-Justizministerium, einschließlich dem Kongress oder dem amtierenden Präsidenten getroffen werden.

Andererseits betrifft der Umfang der bilateralen Zusammenarbeit die institutionelle Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit und Prävention, wo die erste Suchtumfrage Ende der 80er Jahre von US-amerikanischen Behörden wie dem National Institute for Drug Abuse (NIDA) finanziert und überwacht wurde. Während der letzten Regierungsperioden und als Ergebnis der Vereinbarungen der Merida-Initiative wurde die Fortbildung von Richtern und verschiedener staatlicher Einrichtungen nach dem Modell der therapeutischen Justiz gefördert.

Der Zusammenarbeit die sich aus der Merida-Initiative ergab, gingen mehrere Jahre diplomatischer Spannungen voraus; die Komponente des Justiz-Austauschs mit Auslieferungen zum Zeitpunkt des demokratischen Übergangs wurde abgeschlossen, was darauf hinweist, dass im Gleichgewicht der Wechselbeziehungen zwischen Mexiko und den USA eine große Last von Verpflichtungen besteht. Durch die Agenda des ehemaligen Präsidenten Calderón wurde eine Medienlogik eingeführt, ein Umfeld von bewaffneten Überfällen und kriegsähnlichen Färbungen für das organisierte Verbrechen.

Globaler Krieg, lokale Auswirkungen

Im Jahr 2012, nach den schwerwiegenden Folgen der Umsetzung bewaffneter Sicherheit als Politik krimineller Eindämmung in der sechsjährigen Amtszeit von Felipe Calderón, schlug der scheidende Präsident während seiner letzten Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen vor, gemeinsam mit den Regierungen von Kolumbien und Guatemala, die Sondersitzung zum Thema Drogen vorzuverlegen.

In diesem Klima hat die Legalisierung von Marihuana in Staaten wie Colorado und Washington, der Ausstieg Boliviens aus internationalen Abkommen, die staatliche Regulierung von Cannabis in Uruguay zumindest im Diskurs und an der Spitze des Kontrollsystems dazu geführt dass auf internationaler Ebene die Debatte die in eine Sackgasse geführt hatte, wieder aufgenommen wurde. Und das obwohl während der Administration von Enrique Peña Nieto 2012-2018 versucht worden war, die internationale Agenda zu “ent-narkotisieren” und zu minimieren, indem versucht wurde, einen internen Dialog zur Diskussion über einen neuen Ansatz in der Drogenpolitik zu strukturieren (Collins, 2017).

Die Lockerung des Systems der Kontrolle über Marihuana auf globaler Ebene und die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, das absolute Verbot von Marihuana im Jahr 2015 für verfassungswidrig zu erklären (Aguinaco, 2017), zusammen mit der Vorbereitungen der UNGASS 2016 und als Folge des Bildes, das sich aus den Krisen der Korruption und Gewalt ergibt, die seit 2014 durch internationale Schlagzeilen wie: das “Weiße Haus, die 43 von Ayotzinapa, Tlatlaya (Meyenberg & Aguilar, 2015) und andere Beispiele wie die Flucht von “Chapo Guzmán” ließen vielleicht einen Wechsel im Fokus zu und veranlassten die Förderung von Erklärungen, Reden und Initiativen zur Reform des Drogenrechts in Mexiko unter der Leitung der Exekutive (Stargardter, 2016). Parallel ergibt sich die Migrationskrise in Mittelamerika und im Norddreieck (Guatemala, Honduras und El Salvador) als Folge der Kriegszustände der 80er Jahre.

Mexiko war ein entfernter Beteiligter, aber der in aller Offenheit ausgesprochene Waffeneinsatz gegen den sogenannten „offiziellen mexikanischen Krieg gegen Drogen“ fiel zusammen mit einer Neuordnung der Drogenmärkte für Kokain, Heroin und synthetische Amphetamin-Stimulanzien bei gleichzeitiger Rekonfiguration und Ausbreitung transnationaler krimineller Organisationen und der Rekrutierung lokaler Banden sowie dem Einsatz von mafia-paramilitärischen und aufstandsbekämpfungs Techniken mit ähnlich negativen Auswirkungen wie nicht-internationale bewaffnete Konflikte und die Kriege geringer Intensität.

Vom Wahlkampf zum Regierungswechsel und die Prioritäten

Seit dem Regierungsbeginn in Mexiko am 1. Juli 2018 wird als “Vierte Transformation” eine Veränderung des politischen regimes bezeichnet.

Nach dem Glossar der politischen Konzepte kann ein politisches Regime als eine Reihe von Institutionen betrachtet werden, die den Kampf um die Macht und ihre Ausübung regeln, und die Werte, die diese Institutionen stützen. Es ist die organisierende Machtstruktur, die die Auswahlkriterien der Mitglieder der herrschenden Klasse festlegt und die Rollen darin zuweist. Es ist auch das Gebilde von Regeln und Verfahren für den Zugang zu und die Verwaltung von Macht, was es schwierig macht, festzustellen, ob es tatsächlich einen Wandel im politischen Regime stattfindet oder eher eine Umgestaltung der politischen Macht.

Eine der am weitesten verbreiteten Theorien über die aktuelle “Unsicherheitskrise” ist die von Luis Astorga (2004, 2012:2004,2015). Er legt dar dass in Mexiko der Regimewechsel von einem autoritären Einparteiensystem zu einem demokratischen Übergang und der Neuordnung der Befugnisse ein entscheidender Faktor für die Neugestaltung der politischen Macht untergeordneten Schmugglergruppen war, die unterschiedliche Besonderheiten aufweisen. Dazu kam eine starke US-Sicherheitsagenda, die sich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 radikal verändert hat, so wurde die Sicherheit zwischen Mexiko und den USA vernachlässigt und die mexikanische Regierung hat sich auf die Verfolgung kleiner Dealer und einfachen Konsumenten konzentriert.

Aus diesem Grund besteht eine Besonderheit der Drogenpolitik in der Kontrolle und Eindämmung des illegalen Handels. Eine der Eigenheiten der heutigen Zeit besteht darin dass mexikanische Kokainhändler infolge der Schließung der Karibik (also der traditionellen Schmuggelwege durch die US Marine) eine Stärkung erfuhren als direkte Vermittler zwischen den südamerikanischen und angloamerikanischen Märkten. Dies beinhaltet so eine transnationale Komponente die paramilitärischen Merkmale trägt. So ergab sich eine Art “Militarisierung” ihrer Aktivitäten und in einigen Fällen die Migration von einer Art Verbrechen in eine andere.

In diesem Klima der Anpassung wurde die “Amerikanisierung” der globalen Drogenpolitik verfestigt, die Internationalisierung der DEA, CIA-Operationen und Vereinbarungen zwischen Justizministerien und den lokalen Justizstrukturen, die Zusammenarbeit bei der Ausbildung. Die wirtschaftliche Unterstützung wie der Kolumbien-Plan und die Merida-Initiative, die die Beziehungen zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten in Bezug auf die Drogenkontrolle neu gestalteten, haben in den 90er Jahren zu einer der ersten Verhaftungen von Militärpersonal in Mexiko führte, das an Korruption und der Unterstützung von Drogenschmugglergruppen beteiligt war.

Während der Regierungszeiten von Vicente Fox und Calderón kam es im Rahmen der politischer Neuordnung, auch „Erste Transition“ genannt zur einer Steigerung an Mordfälle die weiter stetig anstieg. Nach einigen Theorien stammen Diese von den gemeinsamen Einsätzen von Bundespolizei und Militär in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Es kam zu spektakulären Gewaltverbrechen wie Enthauptungen, Ermordete wurden auf öffentlichen Straßen als Warnung ausgestellt. Blogs und audiovisuelle Medien nutzte man zur Bedrohung von Feinden, zur Einschüchterungen und Indoktrination, es gab sogar Worterfindungen wie den “Narko-Terrorismus”, der 2009 von Außenministerin Hillary Clinton nach mehreren Explosionen gegen Zivilisten und Angriffen auf US-Konsulate geprägt wurde.

Eine der größten Herausforderungen, denen sich Kriminal- und Bundespolizei während des “mexikanischen Drogenkriegs” oder des “Sechsjährigen Krieges” stellen mussten, waren der Einsatz großkalibriger Waffen, Massenrekrutierung, manchmal Zwangsrekrutierung, Gefängnisausbrüche, Massaker und eine Zunahme der Gewalt zur Dominierung der lokalen Drogenmärkte.

Deshalb war einer der wichtigsten Pläne und Wahlversprechen von López Obrador und MORENA die Katastrophe in Ordnung zu bringen, die durch Verbrechensverfolgung verursacht worden war. Während der Wahlkämpfe 2017 und 2018 wurden Amnestieprogramme, Übergangsjustiz und sogar Regulierungsoptionen und eine umfassende Strategie zur Friedensförderung versprochen.

Die „Vierte Transformation“: Reform der Drogenpolitik in der Sackgasse

In diesem Klima der Anpassungen, Machtwechseln und Konfrontationen zwischen Drogenhändlergruppen sowie deren Infiltration in einige Regierungsbereiche, hatte der politische Diskurs während des Wahlkampfes der “Vierten Transformation” eine Friedensförderung versprochen, die auf Versöhnung und “Entmilitarisierung” gegründet sein sollte. Wahlversprechen und Parteiinitiativen ließen hoffen, dass eine Amnestie und die Beschleunigung eines institutionellen Rahmens für die Regulierung (zumindest von Marihuana oder gar Schlafmohn) in greifbarer Nähe waren.

Daher sahen viele Bürger mit ihrer Stimmabgabe eine Art Ausweg aus dem bewaffneten und sozialen Konflikt. Präsident López O. deklarierte ganz offiziell am 30. Januar 2019 in einer Pressekonferenz: “Das Ende des Krieges”. Nach öffentlich zugänglichen Informationen hat sich einerseits die Zahl der Sicherstellungen illegaler Drogen verringert, andererseits liefen Verhaftungen weniger spektakulär ab und haben mit Einführung der „Guardia Nacional“ den bewaffneten Kampf gegen den Drogenschmuggel auf die Einwanderungskontrollen verschoben.

In der Gesundheits- und Drogenkontrollpolitik gibt es wenig bedeutende Veränderungen und die öffentliche Kriminalisierung von Drogenkonsumenten geht unverändert weiter. Sowohl in der staatlichen Suchtpräventionsstrategie als auch im nationalen Entwicklungsplan wird Stigmatisierung weiterhin als Paradigma betrachtet. Ein negatives, verfolgungsorientiertes, paternalistisches und autoritäres Schema, in dem ein direkter Zusammenhang zwischen Drogenkonsum und Gewalt als Binom normalisiert wird. Die Unterscheidung zwischen “Nutzung”, “Missbrauch” und “Abhängigkeit” wird weiterhin ignoriert. Was Cannabis betrifft, so hat das Oberste Gerichtshof Gesetze im Bezug auf Eigenbedarf und die freie Entfaltung der Persönlichkeit verabschiedet. Trotzdem veröffentlichen beispielsweise die Generalstaatsanwaltschaft sowie lokale Prokuristenbüros aus Mexiko-Stadt weiterhin in ihren sozialen Netzwerken Botschaften, die der Rechtsprechung über den Transport von Drogen oder die Lieferung von Drogen entgegenstehen oder sogar die Verknüpfung des Konsums von Drogen mit Kriminalität.

Ein weiterer Wendepunkt im Gesundheitsbereich ist die fehlende finanzielle Unterstützung und die Minderung von Co-Investitionsprogrammen aufgrund von Budgetkürzungen. Diese Programme wurden dank zivilgesellschaftlicher Organisationen in den Bereichen Schadenminderung, Gewaltprävention und/oder Suchtprävention oder -behandlung durchgeführt. Es ist noch nicht quantifizierbar aber sehr wahrscheinlich, dass die klinische und wissenschaftliche Forschung auch in den Sozial- und Medizinwissenschaften in denen Drogenfragen untersucht oder erforscht werden, erhebliche Budgetkürzungen erfahren wird.

Es gibt Paradoxien: Obwohl die Regierungspartei echte Veränderungen versprochen hatte, bleibt der Ansatz weiterhin repressiv und der Diskurs stimmt nicht mit der Realität überein. Es scheint nicht zu den Prioritäten zu gehören, föderale und lokale Initiativen zu fördern wie z. B. die im Oktober 2019 versprochene Gesetzesregelung zu Cannabis. Obwohl MORENA die Regierungsmehrheit hat und es relativ einfach wäre, einen Gesetzesentwurf vorzustellen und darüber im Konsens abzustimmen, gibt es keinerlei Zeichen nahen am Horizont.

Andererseits wurden Regierungspläne veröffentlicht, die Fragen zur Drogenkontrolle abdecken, unter denen die nationale Suchtpräventionsstrategie hervorzuheben ist, die allerdings nur von “Prävention” spricht und Programme zur Behandlungsmethodenverbesserung oder der Förderung der psychischen Gesundheit mit einer auf den Menschen ausgerichteten politischen Konzeptualisierung, wie z. B. der Schadenminderung / harm reduction, ignoriert.

Die großen Verbündeten der Regierung ihrerseits sind Agenten, die eine lange Geschichte als Alliierte des Steueraufsichtssystems haben und an “prohibitionistische” Auffassungen wie Jugendintegrationszentren, Anonyme-Alkoholiker oder religiöse Selbsthilfegruppen gebunden sind; daher wird immer noch eine Art Pathologisierung argumentiert, wobei anerkannt wird, dass zwar “Süchte” eine Krankheit sind, aber nicht das gesamte Spektrum der Nutzer einbezogen wird, da nicht alle Fälle mit Missbrauch oder Störungen im Gebrauch zu tun haben; und in Präventionskampagnen wird ein System verallgemeinert, bei dem es keine Inklusion gibt; In der Rechtsprechung bereits verankerte Freiheiten werden untergraben und die Verwendung psychoaktiver Substanzen wird in die pathologische und kriminelle Ecke verbannt.

Darüber hinaus gibt es Anzeichen dafür, dass mit großem Widerstand gegen die angekündigten Veränderungen im Bereich der nationalen Drogenpolitik zu rechnen ist, zusammen mit der Vermutung (zumindest durch die US-Behörden) dass Mexiko die Sicherheitsagenda in Bezug auf den Drogenhandel aufgeben wird. Deshalb beeinflusst die Neugliederung krimineller Organisationen durch ihre Gewaltverbrechen sowohl die Pläne als auch Fortschritte hinsichtlich neuer Strafgesetzgebung. Nun, selbst in den Vorschriften der „Guardia Nacional“ ist festgelegt dass diese in der Lage sein wird, den Besitz illegaler Substanzen zu verfolgen.

Abschließend kann man sagen, dass es noch verfrüht ist, Schlussfolgerungen zu ziehen und obwohl man eine positive Vorstellung vom Weg der neuen Regierung haben kann, in der Praxis werden Protektionismus und Bevormundung in den Meinungen der Verantwortlichen für die Planung und Programmvorschläge geäußert, z. B. wenn argumentiert wird, der Drogenkonsum wäre ein Versuch Auswege aus der Realität zu finden. Es scheint keine Veränderung oder Transformation zu geben, mehr noch, ich suggeriere, dass dasselbe System von einer Regierung auf die andere übertragen wurde.

Es scheint also, dass sich Systeme der Diskriminierung und Verletzung von Menschenrechten im Namen der Gesundheit – wie die sogenannten “Drogengerichte” – konsolidieren. Andererseits ist die Annahme, dass eine “Regulierung der Substanz X” oder “Y” ein Katalysator für Krieg oder Frieden sein wird naiv, ja sogar unbeliebt in der öffentlichen Meinung. Zu glauben, dass allein durch Drogenregulierungsmaßnahmen ein institutionelles Gerüst entsteht und Jahrzehnte negativer Prozesse korrigiert werden würden ist zu gewagt, ja sogar kontraproduktiv.

Eine Politik der Versöhnung erfordert umfangreiche staatliche Investitionen in Prävention, Behandlung und auch in der Opferbetreuung der durch den Drogenkrieg Geschädigten. Es wurde versucht, zu diesen Themen Foren zu schreiben, die abrupt endeten. Selbst das Opferbetreuungsbüro unterliegt schwerwiegenden Haushaltskürzungen.

Obwohl der Präsident rhetorisch den “Krieg gegen die Drogen” beendet hat, hat sich die Kriegsdynamik und die Zahl der Drogenhändler nicht verringert. Weder ihre Gewaltbereitschaft noch ihre Waffen. Im Gegenteil, sie haben das soziale Gewebe tiefer durchdrungen und scheuen sich auch nicht, staatlichen Behörden entgegengetreten.

Es ist eine große Herausforderung, einen Integrationsmechanismus für eine Kultur der Legalität und Rechenschaftspflicht in den Fragen des Drogenkriegs in Mexiko zu schaffen, aber es sollten unbedingt die Kriterien festgelegt werden für die Ausarbeitung einer neuen Narrative über die Angriffe des mexikanischen Staates im Hinblick auf eine allgemeine Krise im Bereich der Menschenrechte, und sie mit neuen Bedürfnissen wie der Migrationskontrolle verknüpfen, ohne die Wahlversprechen zu vernachlässigen, sowie einen Konsens innerhalb derselben dominanten Partei zu erzielen, um die gleichen Vorschläge zu beschleunigen.

Die Überlegungen stehen im Raum. Es ist wohl nicht nötig anzumerken dass noch ein langer Weg vor uns liegt. Durch Identifizierung der wichtigsten Vor- und Nachteile des aktuellen Moments, wird es möglich sein, einen echten Regimewechsel zu vollziehen, bei dem die Drogenpolitik quer mit einem fairen Ansatz, der Reparatur des Schadens, behandelt wird.


Literatur: